Dat Hörrohr
„As du meenst, Bertha!“
"Dat Hörrohr" im Stadttheater
Vergnügliche Premiere der “Schleswiger Speldeel”
Große Freude und viel Vergnügen gab es am Sonntag abend, als die Schleswiger Speeldeel mit Karl Bunjes bekannter Komödie „Dat Hörrohr“ Premiere hatte. Bis auf den letzten Platz (!) war das Haus besetzt, und Jens Larssen konnte unter den Gästen Bürgervorsteher Günter Hansen und Bürgermeister Heinz Bartheidel mit Gattin begrüßen. In launigen Worten zählte Larssen die umliegenden Dörfer auf, aus denen Zuschauer gekommen waren, gab es dann aber auf, da anscheinend „ganz Schleswig-Holstein" erschienen war.
Der niederdeutsche Autor Karl Bunje verlegt sein Stück in ein schleswig-holsteinisches Dorf, so daß jeder sich in irgendeiner Rolle getroffen fühlen kann. Er baut es nach dem bewährten Muster auf: Jemand hört etwas, das er nicht hören soll, und er zieht daraus seine Konsequenzen. Bunje verpackt das geschickt in eine glaubhafte Handlung, und das große Plus der Schauspieler ist es, diese glaubhafte Handlung nicht durch überzogene Darstellung zu zerstören.
Zweifellos hat das Stück Längen, und der Rotstift könnte jetzt noch hier und da energisch angesetzt werden. Aber die Regie (Hauke Stieger) bemüht sich, durch Gags und Situationskomik Auflockerung und Leben hineinzubringen. Am Anfang gelingt ihr das nur schwer, die Schauspieler müssen erst „warmlaufen", und die breite Exposition, in der dem Zuschauer ]vieles erklärt werden muß, trägt nicht gerade zur Ankurbelung des Tempos bei.
Aber dann kam man besser in Gang, wenn auch manche Dialoge zu statuarisch abgehandelt wurden. Und das Kaffe-Trinken alleine schafft noch keine Handlung. Jedoch nach erstem Einspielen zogen die Schauspieler die Zuschauer mit: allen voran Erika Larssen, die es immer wieder fertigbrachte, die Lacher auf ihre Seite zu bringen. Schlau hatte Bertha, die durchtriebene Schwiegertochter des Hofbesitzers Opa Meiners, alles eingefädelt, und am Schluß mußte sie doch bekennen: „Nu heff ick gor nix mehr." Um sie rankt sich das Geschehen, sie will die Fäden in der Hand behalten und glaubt dabei, daß alle nach ihrer Pfeife tanzen müssen. Doch die moderne Technik, eingebaut in ein altes Hörrohr, macht ihre schönen Pläne zunichte. Frau Larssen spielte ihre Rolle sehr natürlich, sehr klar, und bei aller Durchtriebenheit kommen auch die menschlichen Töne nicht zu kurz. Ihr Schwiegervater Opa Meiners - “doof (taub) un doch ni doof” - wird von Werner Junjohann dargestellt, der mit seiner großen Bühnenerfahrung die Rolle bis ins letzte ausspielt. Häufiger Szenenapplaus war ihm sicher, als er den alten, scheinbar so trotteligen und doch superschlauen Altbauern spielt und am Schluß ins rechte Lot bringt. Seinen Sohn Jochen spielt Peter Balzer, fast zu „waschlappig“ in seiner Rolle als Pantoffelheld, doch großartig in der Betrunkenenszene mit Reimer Wischmann als Tobias Quadfasel, dem - ebenso von seiner Frau untergebutterten - Postbüdel. Gerade diese Szene hätte zum Überziehen gereizt - gut, daß es nicht geschah! Dazu trug auch das verhaltene und doch echte Spiel Wischmanns bei. Hanne Petersen gab die Nichte Elke, zunächst etwas gehemmt, dann mehr und mehr frei, so dass man an ihrem Geschick Anteil nahm und sich ehrlich über das Happy-End mit ihrem Bernd freute. Dieser, Bernd Eickhorst, Knecht auf Meiners Hof, wurde von Herwig Jürgensen aufrecht und gradlinig dargestellt. Waltraud Evers spielte Lieschen Quadfasel, eine echte Tochter Evas, manchmal auf dem Höhepunkt der Schadenfreude, manchmal selbst die Genasführte - bei ihr wünschte man sich gelegentlich eine deutlichere Aussprache. Voll überzeugend spielte Horst Jacobs den Arnold Hogeback, großspurig, angeberisch, sich stets als Sieger fühlend. Alle Mittel sind ihm recht - umso tiefer ist dann der Fall, den er auch ansprechend darstellte. Den Notar Fesenfeld gab Andreas Jäger, sicher und klar angelegt in seiner Rolle, doch hätte man ihn vielleicht lieber Hochdeutsch sprechen lassen sollen.
Konrad Hansen hatte die Technik in sicheren Händen, und zusammen mit Anneliese Bontemps hatte er das Stück bühnenfertig und für die Speeldeel aufführungsreif gemacht. Mathilde Tams war die aufmerksame Souffleuse.
Zum Schluß noch einmal stürmischer Beifall und viele Blumen.
Reimer Pohl
Schleswiger Nachrichten
Viel Szenenapplaus für Opa mit dem Hörrohr
Gelungener Saisonauftakt für die Speeldeel
Schleswig. Premierenfieber, Blumen über Blumen, ein begeistert klatschendes Publikum, das waren die äußeren Zeichen für die gelungene Premiere 1980 der Schleswiger Speeldeel im Stadttheater. Schon in der Begrüßung vor vollbesetztem Auditorium gab Jens Larssen seiner Freude darüber Ausdruck, wie die Einwohner der Schleistadt und der umliegenden Dörfer diesem „Klassiker unter den plattdeutschen Theaterstücken“, „Das Hörrohr“ von Karl Bunje, erwartungsvoll entgegensahen.
Natürlich gibt es bei jeder Premiere auch Negatives: die verschiedentlich auftretenden Längen werden sich bei folgenden Aufführungen unter der sonst umsichtigen und gekonnten Regie von Hauke Stieger vermeiden lassen. und die „Toseggersch“ Mathilde Tams wird auch in Zukunft leiser soufflieren können, wenn der Text noch besser „sitzt“. Aber das kann den Erfolg nicht schmälern.
Allen voran bei den Damen Erika Larssen als Bertha, die Frau des dusseligen Hoferben Jochen (Peter Balzer) (,‚As du meenst, Bertha!“). Mit Ausnutzung aller Möglichkeiten ihrer Rolle versucht sie mit List und Tücke, den Hof überschrieben zu bekommen, um daraus eine Gastwirtschaft mit Milchbar zu machen. Auch als ihr am Schluß alle Felle wegschwimmen, versteht sie geschickt, diesen Stimmungswandel zu gestalten. Elke Saathoff (Hanne Petersen), hübsch und jugendfrisch anzusehen, verkörpert in diesem Volksstück das „Gute“, das zum Ende doch den Sieg davonträgt. Es kommt — Ende gut, alles gut — zu einem Happy-End mit ihrem Liebsten, dem Knecht Bernd (Herwig Jürgensen) auf Meiners Hof. Waltraud Evers stellt als Frau des Landbriefträgers Quadfasel ein resolutes Frauenzimmer dar. Immer mit dem Mund vorneweg und für alle Intrigen aufgeschlossen. Ihr Mann, der treuschuldige, etwas dümmliche „Postbüdel“ kann einem da nur leid tun. Er wird von Reimer Wischmann als Tobias Quadfasel wahrheitsgetreu gespielt.
Mit Wischmann feierte man nach Jahren ein Wiedersehen bei den Niederdeutschen. Man sollte sich diesen echten Dithmarscher, in Sprache und Darstellung, warmhalten! Köstlich seine Sauferei mit dem doofen Jochen Meiners (Peter Balzer).
Der etwas zwielichtige Jugendfreund der Bertha, Arnold Hogeback (Horst Jacobs), der mit seinem „Etablissement“, sprich Hafenkneipe in Hamburg, zum Schluß auch schön entlarvt wird, erhielt ebenso Beifall wie der zwar etwas farblose Notar Fesenfeld (Andreas Jäger).
Daß sich die ganze Geschichte In einem mit vielen Kleinigkeiten ausgestellten Zimmer abspielte, das Anneliese Bontemps und Konrad Hansen „einrichteten“, war für den Regisseur Hauke Stieger eine große Hilfe.
Nun zur Hauptperson: Werner Jungjohann als Opa Meiners, der Schlüsselfigur in diesem Stück. Listig, sehr helle, aber erst nachdem ihm der Knecht ein neues Hörrohr verschafft hat, mit dessen Hilfe er, unbemerkt von den übrigen „Agenten“, alles durchschaut und noch zur rechten Zeit abwenden kann, gibt Jungjohann in Handlung, Mimik und Maske ein so überragend gutes Charakterbild des von der Schwiegertochter für das Altenheim bestimmten, ewig schnarchenden Opas, daß es eine Freude ist. Seine Aktionen mit der Mausefalle und dem „Tresor“ im Ofenloch regten zu viel Szenenapplaus an. Alles in allem ein schöner Auftakt des Spielwinters 1980 für die Schleswiger
Speeldeel!
Elfriede Kollmann
Schleswig-Holsteinische Landeszeitung 26.2.1980
De Rullen un de Speelers |
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Opa Meiners |
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Jochen Meiners |
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Peter Balzer |
Bertha |
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Elke Saathoff |
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Hanne Petersen |
Bernd Eikhorst |
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Herwig Jürgensen |
Tobias Quadfasel |
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Reimer Wischmann |
Lieschen |
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Arnold Hogeback |
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Notar Fesenfeld |
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Andreas Jäger |
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Intrimmt hett : |
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Technik makt : |
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Konrad Hansen |
Speeldeel inricht : |
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Anneliese Bontemps |
Toseggen deit : |
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Mathilde Tams |