Geld op Rezept
Speeldeel-Komödie mit einem Feuerwerk an Pointen
Sonja Clausen, Carsten Bendixen, Silke Jöns
Schleswig
Zum ersten Mal wurde eine Premiere der “Schleswiger Speeldeel” im Theatersaal des “Slesvighus” dargeboten: Das Ensemble spielte das heitere Stück “Geld op Rezept”.
Das Thema ist hochaktuell: Missbrauch von staatlichen Zuwendungen. Erich ist Hartz-IV-Empfänger. Zusätzlich hat er eine Reihe von nicht legalen Einnahmen, die ihm finanzielle Sorgen ersparen. Durch Lügen, Betrug und Tricksereien kann er sich zunächst aus den Affären herausziehen. Auch plötzliche unerklärliche Todesfälle müssen manchmal herhalten, aber Schwierigkeiten gibt es dann immer, wenn ein eben Totgesagter wieder auftaucht. Dann müssen Identitäts-Veränderungen angesetzt werden. Am Ende bleibt nur ein offenes, ehrliches Geständnis, das dann zu einer überraschenden Wendung führt.
Die Komödie steckt voller Witz und Komik, und die vielen Gags ließen die Zuschauer häufig nicht aus dem Lachen herauskommen. Die Schauspieler hielten dabei zum Glück - jedenfalls meistens - inne, damit keine Pointe verloren ginge. Das Stück ist allerdings nicht frei von Klamauk: zum Beispiel der Streit um die Leiche, die dann plötzlich doch wieder lebendig wird.
Die Hauptrolle mit sehr viel Text spielte souverän Torsten Möller. Er wusste aus jeder Situation das Beste herauszuholen und blieb dabei sehr überzeugend. Seine Frau Linda wurde von Nicole Hünefeld auf die Bühne gestellt. Sie hatte einen schlimmen Verdacht gegen ihren Mann. Dieser Verdacht löste sich aber in Luft auf. Vielleicht hätte sie ein bisschen mehr aus ihrer Rolle machen können. Den Freund und Untermieter Norbert spielte Dirk Boysen. Er war zunächst absolut ehrlich und wollte von den krummen Touren Erichs nichts wissen. Dann aber wurde er selbst mit hineingezogen, vor allem, als seine bevorstehende Heirat bedroht war. Herrlich war diese Herkules-Gestalt in Frauenkleidern anzusehen! Neuling auf der Bühne war Carsten Bendixen. Er stellte den Prüfer Janssen sehr gut dar und wusste viele Nuancen aus seiner Rolle herauszuholen.
Claus Schimmer ist bei der "€žSpeeldeel"€ ein "€žalter Hase"€. Die Rolle des Onkel Schorsch war ihm wie auf den Leib geschrieben. Die Mitarbeiterin der Familienfürsorge Nele Schönfeld war Steffanie Voß anvertraut worden: frisch, lebendig und sehr agil bewältigte sie ihren Part. Den etwas steifen Eheberater Dr. Kaufmann spielte der Neuling Jochen Plähn. Er müsste etwas kräftiger sprechen. Ebenfalls neu im Ensemble ist Jens Erichsen, der den recht unbeweglichen Bestatter Firmenich spielte. Er wird sich noch mehr an das Bewegen auf der Bühne gewöhnen. Die sehr resolute Sozialinspektorin Kuhlmann hatte bei Silke Jöns die richtige Interpretin: Klar, forsch und sehr selbstbewusst trat sie auf. Die etwas undankbare Rolle von Norberts Verlobten Berta hatte Sonja Clausen übernommen - sie machte das Beste daraus.
Das Bühnenbild stammte von Georg Funk und Günter Kämpfer. Köstlich die brodelnde Waschmaschine, und hübsch war, dass man beim Öffnen der Haustür die Holmer Kapelle sah. Vielleicht sollte die Handlung auf den Holm verlegt werden. Regie führte der Neuling Felix Borchert. Er wurde von Uwe Petersen unterstützt.
Der reiche, lang anhaltende Beifall galt allen Beteiligten, besonders aber dem Hauptspieler Torsten Möller und dem jungen Regisseur Felix Borchert.
Reimer Pohl
Schleswiger Nachrichten 15.10.2012
Aufführungsrechte: Vertriebsstelle und Verlag Deutscher Bühnenschriftsteller un Bühnenkomponisten
Norderstedt