De Schelm vun Möhlbrook
Gelungener Saisonauftakt mit dem “Schelm vun Möhlbrook”
Ensemble zeigte durchweg gute Leistungen
Einige neue Schauspieler
„De Appeln sind riep, un de Lüüd kött mennichmol wedder in't Theoter gohn" -so wurde das Premierenpublikum am Sonntagabend begrüßt, als die „Schleswiger Speeldeel" zur Eröffnung der Saison 1977/78 eingeladen hatte. In unermüdlicher Arbeit bringt diese Plattdeutsche Bühne, die seit 1961 besteht und zur Zeit rund 40 Spieler hat, niederdeutsche Stücke heraus, die Ihr festes Publikum finden. Aus dem Programm erfuhr man weiterhin, daß ab November neue Probenräume am Stadtfeld bezogen werden, wo „Besucher willkommen sind", und daß am 11. Dezember das Stück „Gode Geister" wiederholt wird.
Auf dem Spielplan stand zu Beginn der Spielzeit „De Schelm yun Möhlbrook", ein lustiges Stück in drei Akten von Erhard Asmus. Es spielt in den fünfziger Jahren in irgendeinem norddeutschen Dorf und ist dramaturgisch nicht ungeschickt aufgebaut: im ersten Akt die Exposition, also die Vorstellung der Personen, des Ortes und des Problems. Im zweiten Akt folgt die Zuspitzung und die Erhöhung der Spannung, im dritten Akt, nach der Pause, erlebt man die Lösung und das happy end. Viel Heiterkeit steckt darin, wobei die Situationskomik durch die Spieler (Regie Jens Larssen) weidlich ausgenutzt wird. Der Text enthält allerdings auch Witze, die man schon vor 20 Jahren gehört hat, und gelegentlich wird die Grenze zur Klamotte berührt (Meister Gröön in de Ünnerbüx und Willem unterm Tisch). Aber ernste und besinnliche Töne, wie zum Beispiel die Erzählung aus Willems und Holtens Leben, versöhnen dann wieder und zeigen, daß dem Autor die ganze Palette der menschlichen Existenz zur Verfügung steht.
Das vollbesetzte Haus folgte dem Geschehen auf der Bühne mit großem Vergnügen, und viele Lacherfolge und häufiger Szenenapplaus belohnte die Darsteller, die durchweg gute Leistungen erbrachten. Die männlichen Rollen waren sehr geschickt besetzt, während die weiblichen Mühe hatten, dagegen anzuspielen. Rühmliche Ausnahme ist Anne Schmidt, die eine köstliche Deenstdeern Lena auf die Bühne stellte. Waschecht, lebensnah, bewußt komisch und dabei spitzbübisch verkörperte sie das Dienstmädchen, das zwischen dem schuldigen Gehorsam und dem eigenen Willen, nämlich ihren Willem zu kriegen und zu halten, hin- und herschwankt. Waltraut Evers hätte aus ihrer Rolle der Katrin etwas mehr machen können: der verkannte Hausdrache, der im Grunde doch das Herz auf dem rechten Fleck hatte - die Rolle wirkte etwas blaß; möglicherweise war sie auch von der Regie im Stich gelassen worden. Heinke Andresen als Tochter Marlies verdiente sich ihre ersten Sporen auf der Bühne: ihre Unsicherheit und Befangenheit wird sie sich bald weggespielt haben, sie sollte nur besser Plattdeutsch lernen. Jens Larssen spielte den Möller Gröön, einen alten Schlawiner, der es immer wieder versteht, den Hals aus der Schlinge zu ziehen, bis er dann selbst überrumpelt wird. Eine gute Leistung! Wolfgang Preuss und Werner Jungjohann verkörperten die beiden Tippelbrüder Hans Holten und Willem Pieseke, wobei Jungjohann auf seine bewährte Routine vertrauen konnte, die er doch immer wieder neu mit Leben füllte, und Preuss einen sehr sympathischen und echten Eindruck hinterließ, ein Schauspieler, den man in Zukunft häufiger auf der Bühne sehen möchte.
Eine köstliche Studie verkörperte Uwe Petersen mit dem Dorfschuster Munzel: ein herrlich stotternder, scheinbar so trotteliger Typ, der es doch faustdick hinter den Ohren hat. Ihm war der Lacherfolg sicher, sobald er nur den Mund auftat. Peter Neumann spielte den Viehkaufmann Jan Sibbert, eine etwas undankbare Rolle, aus der er das Beste machte: nach außen hin harmlos, in Wahrheit ein großer Schwerenöter. Besonderes Lob verdient Rüdiger Schulz, der erst vor vierzehn Tagen für einen erkrankten Kollegen einsprang; er stellte einen überzeugenden Polizisten auf die Bühne, der weder überzogen noch stur wirkte und dabei ein ausgezeichnetes Platt sprach. - Eine sichere Souffleuse war Tilla Tams, und das Bühnenbild sowie die Technik lagen bei Peter Meier in besten Händen. Der Auftakt der Saison ist gelungen!
Reimer Pohl
Schleswiger Nachrichten, 25.10.1977
Als Schelm vun Möhlbrook stellte sich ein Müller vor, der nachts fensterln ging und dessen nächtliches Treiben zu allerhand Verwicklungen führte. Um drei Akte rankte sich eine Reihe heiterer Geschehnisse um Liebe und Verwechslungen. Annemarie Dienesen hatte ihr Ensemble so gut „getrimmt", daß die Aufführung dank den Mitwirkenden Werner Jungjohann, Jens Larssen, Ute Weiß, Gerd Peters, Renate Hansen, Ludwig Wulff, Waltraud und Kurt Evers und Willi Frahm zu einem starken Erfolg wurde.
Das galt auch für die Aufführung der „Niederdeutschen Bühne", die Guschi Klingenhoff eine Bombenrolle im Opa, der sich verkaufen ließ, gab. Felix Brosig hatte die lustige Geschichte mit etlichen Einfällen gewürzt, so daß alle, die einen Abend der Unterhaltung und,des Ausspannens bei.befreiendem Lachen suchten, auf ihre Kosten kamen. Heide Hoffmann, Heinz Hintermeier, Elisabeth Hinrisen, Rainer Seidel, Rolf Hinrichsen,. Malli Klingenhoff und — einmal ohne Textschwierigkeiten — Hans-Joachim Ingwersen sorgten für eine abgerundete glatte Aufführung.
Beide plattdeutschen Bühnen ließen in ihren Premieren ein gutes Niveau ihres Könnens und Auftretens erkennen. Der neu zum Intendanten gewählte Toni Graschberger wird, wenn er auch die niederdeutschen Bühnen in das Aufführungsprosramm des Nordmark-Landestheaters einfügen will, auf einen Stamm guter und begeisterter plattdeutscher Laienspieler zurückgreifen können. Ob sie sich unter der Führung des Nordmark-Landestheaters wieder zu einer einzigen niederdeutschen Bühne zusammenfinden werden, wird sich zeigen. Die Leistungen beider Bühnen, wie sie bei den Eröffnunespremieren deutlich wurden, schaffen dazu die beste Voraussetzung.
Schleswig-Holsteinische Landeszeitung 7.11.1967
„De Schelm vun Möhlbrook”
Erfolgreiche Aufführung der Schleswiger Speeldeel
Schleswig. In eine Bombenstimmung versetzte die Schleswiger Speeldeel am Sonntagabend ihr Publikum im Stadttheater mit der Aufführung des Lustspiels von Erhard Asmus „De Schelm vun Möhlbrook".
Jens Larssen hatte in wochenlanger Probenarbeit den lustigen Dreiakter so gründlich studiert, daß ein dichtes, fast nahtloses Spiel dabei herauskam. Jeder der Mitwirkenden beherrschte sicher seine Rolle, sogar Rüdiger Schulz, der erst kurz zuvor für die Darstellung des Gendarms eingesprungen war.
Dieser Gendarm hat in dem Stück die schwierige Aufgabe, nächtliche Vorkommnisse aufzuklären, die mit Einbruch, Körperverletzung und natürlich der Liebe zu tun haben, und es dauert geraume Zeit, bis jener wieder auf Freiersfüßen wandelnde Schelm „entlarvt" wird.
Die Speeldeel, seit Anfang der sechziger Jahre neben der „Niederdeutschen Bühne" eifrige Sachwalterin des plattdeutschen Theaters, verfügt inzwischen nach ihren Angaben über etwa 40 „Mitspeelers", die für die Besetzung eines Stückes in Frage kommen - ein erfreulicher Stand, der auch eine hinreichende Auswahl unter den mehr oder weniger großen Talenten gestatten dürfte.
Zu einem prächtigen Talent hat sich ohne Zweifel im Laufe der Jahre Werner Jungjohann entwickelt. Diesmal weiß er seinem Tippelbruder Willem die rechte .Pfiffigkeit zu geben und mit hintergründiger Schläue das Happy-End herbeizuführen. Dazu gehört, daß er seine Lina, von Anne Schmidt drollig typisiert, bekommt und sein Kumpel Hans, den Wolfgang Preuss treffend, als „seelenkranken" Liebhaber zeichnete, die ansehnliche Müllerstochter (Heinke Andresen) heimführen kann.
Als später, aber nachts wagemutiger Freier seiner unsichtbar bleibenden Anna hatte Jens Larssen Gelegenheit, sich auch wieder schauspielerisch zu bewähren, neben Waltraud Evers, seiner hart regierenden Schwester Katrin, Uwe Petersen, einem ulkigen stotternden Dorfschuster, und Peter Neumann in der ergänzenden Rolle eines Viehkaufmanns. Eine dörfliche Wohnstube für die Bühne hatte Peter Meier, der auch für die Technik zeichnete, beigesteuert.
Das lobenswerte Ensemble erhielt sehr viel Beifall und Blumen dazu.
Schleswig-Holsteinische Landeszeitung, 25.10.1977
Fast jede Pointe beklatscht
Speeldeel eröffnete mit „De Schelm vun Möhlbrook"
Schleswig (—) Mit der Premiere des Lustspiels “De Schelm vun Möhlbrook” von Gerhard Asmus hatte die Schleswiger Speeldeel zur Eröffnung der niederdeutschen Spielzeit einen starken Erfolg. Das Publikum im ausverkauften Haus kam schon im ersten Akt groß in Stimmung und beklatschte fast jede Pointe des Dialogs und die vielen an Situationskomik reichen Szenen.
Diese Laienspielgruppe, die seit 1961 neben der „Niederdeutschen Bühne Schleswig" eifrig agiert, ist stolz darauf, inzwischen über „so bummelig 40 Mitspeelers" zu verfügen, wie auf dem Programmzettel zu lesen ist. Man kann bei der Speeldeel also offenbar wählen unter etlichen Talenten, die sich für die typischen Rollen eines plattdeutschen Stückes anbieten.
Jens Larssen hat, so heißt es, seit August seine Schar gründlich “intrimmt". Das Resultat kann sich neben vergleichbaren Inszenierungen, beispielsweise in Flensburg, durchaus sehen lassen. Larssen selbst spielt mit erfreulicher Begabung die Titelrolle des verwitweten Müllermeisters, der nachts heimlich wieder auf Freiersfüßen geht und mit Hilfe einiger Fundstücke, vor allem aber durch zwei wache Tippelbrüder „entlarvt" wird.
Die Pfiffigkeit und den trockenen Humor seiner Entdecker machten Wolfgang Preuss und vor allem Werner Jungjohann glaubhaft, wußten durch ihre prächtige Charakterisierung dieser herrlichen Volkstypen die Zuschauer auch zu herzhaftem Lachen zu bringen. Das gelang auch Uwe Petersen als stotterndem Dorfschuster. Als Deenstdeern Lena glänzte Anne Schmidt mit der rechten Einfühlung in dieses komische Geschöpf. Heinke Andresen war eine ansehnliche, aber oft leider nur schwer verständliche Müllerstochter. Ebenfalls gut besetzte Nebenrollen: Waltraud Evers als sauertöpfisches älteres Mädchen, Peter Neumann als Viehkaufmann, und der kurzfristig eingesprungene Rüdiger Schulz als Gendarm.
OTTO PAUTZ
Kieler Nachrichten, 25.10.1977