De Fleederbeerpunsch
De Fleederbeerpunsch - heiter und agil, aber etwas zu lang
Gerhard Hoppmann, Katharina Witt, Felix Borchert
Schleswig
Wer kennt sie nicht, die gute, alte, unverwüstliche “Feuerzangen-Bowle” von Heinrich Spoerl? Durch die frech-liebevolle Verfilmung mit Heinz Rühmann hat sie fast Weltgeltung erlangt. Da war es nur folgerichtig, dass auch die Schleswiger Speeldeel dieses Stück in ihr Repertoire aufnahm und als “De Fleederbeerpunsch“ auf die Bühne stellte. Nach der Premiere in der A.P.- Möller-Schule finden jetzt weitere Aufführungen in “Uns` lütt Theoter” statt (26., 28. und 30. Oktober).
Star des Abends war natürlich Felix Borchert, der den Hinnerk Pfeiffer (mit drei f!) hervorragend darstellte: Zunächst als neuer Schüler in der ungewohnten Umgebung zurückhaltend und passiv, später auftrumpfend und voller verrückter Ideen - das machte der Spieler großartig. Zu Recht wurde er mit besonderem Beifall bedacht.
Unter der geschickten Regie von Horst Seegebarth bewährten sich auch die vielen anderen Darsteller. Seegebarth selbst spielte den Anwalt Reimers, später den Schuldirektor Kruse, genannt “Wotan”, mit viel Überzeugung und Ausstrahlungskraft. Volker Schwarz mimte den “Bömmel”, der, wie es im Text heißt “nicht nur so hieß, sondern auch so aussah”. Seine Spielweise und sein rheinischer Dialekt wirkten auflockernd. In der anfänglichen Männerrunde hatte er den Bankier Ehlers dargestellt.
Lutz Schnoor spielte in der ersten Szene den Apotheker, später den Professor Kreih, der zu den sieben Oberprimanern ein spezielles Verhältnis aufbaute. Seine Sprechweise und seine Gestik machten viel Spaß. Dem Dr. Struwe, später dem Oberschulrat, gab Gerhard Hoppmann Leben und überzeugende Gestalt. Die Referendarin Eva Kruse gewann durch Katharina Witt ein sehr persönliches Flair, besonders als spätere Braut des Dr. Heinrich Pfeiffer. Die sechs Schüler Knevel, Lock, Huusmann, Ross, Mehlworm und Ackermann wurden in sehr unterschiedlicher, farbiger und heiterer Weise dargestellt durch Timo Schultze, Jan Schäberle, Helge Albrecht, Max Hinrichsen, Sven Petersen und Jens-Ole Kleinert. Erfreulich, dass sich so viele junge Leute für das plattdeutsche Theater einsetzen!
Sehr lebendig und agil spielte Andrea Gerats die Zimmerwirtin Frau Piepgras. Sie erregte Bewunderung dadurch, dass sie ein großes Glas Bier auf einen Zug austrinken konnte. Eine kleine Rolle übernahm Tanja Erichsen als Pfeiffers Verlobte Marion, die trotz resoluter Aktivität ihren Bräutigam nicht von seinen Plänen abhalten konnte. Hier zeigte sich eine hervorragende Einzelheit der Regie: Vor verdunkelter Bühne stand Pfeiffer im Rampenlicht und hörte im Inneren die Geräusche, die Stimmen und die Musik, die ihn zum Weitermachen bewogen.
Natürlich gibt es Verbesserungsvorschläge: Die fast dreistündige Aufführung hat durchaus Längen, zum Beispiel das Korrigieren der Hefte - es könnte an manchen Stellen gestrafft werden. Jan Schäberle, der die wichtige Rolle des Außenseiters übernommen hatte, könnte noch deutlicher sprechen, und die Musiklehrerin müsste das Dirigieren noch ein wenig üben. Aber insgesamt war es eine heitere, sehenswerte Darbietung, die mit langem, berechtigtem Beifall bedacht wurde.
Reimer Pohl
Schleswiger Nachrichten, 26.10.2011