För de Katt

Premiere im Stadttheater

Bäuerliche Welt liebevoll nachgezeichnet

 

 

Schleswig. Premiere bei der Schleswiger „Speeldeel“. Die Gäste wurden von Werner Jungjohann begrüßt, der auch die Einführung in die „Buernkomödie in dre Tönrs“ von dem großen Oldenburger Dichter August Hinrichs, geschrieben vor nunmehr 30 Jahren, gab. August Hinrichs mit seinem Auge für Dickköpfe und seiner Lebendigkeit, diese auf die Bühne zu stellen, mit seinem herzlich offenen Humor und seiner Verbundenheit an die bäuerliche Welt der Vorfahren, wurde von den niederdeutschen Spielern so liebevoll nachgezeichnet, daß derAbend zu einem Erlebnis wurde.

Das beifallsfreudige Publikum begrüßte schon mit Applaus das von Helmut Utermann und Alfred Christians schmuck eingerichtete Bühnenbild. Unter der Regie von Horst Jacobs nahm die komplizierte Handlung ihren Lauf. Britta und Heike Walter hatten für „Hoor und Snutenwark“ und „Lüttkrom“ gesorgt, und die „Toseggersch“ Birte Nissen brauchte entgegen sonstigen Erfahrungen bei Premieren kaum in Erscheinung zu treten.

So drehte sich nun in 120 Minuten das Geschehen um die erschossene Katze, die vermeintlich Küken fraß, die tatsächlich der Marder geholt hatte, um die Dickköpfigkeit zweier Menschen und endlich um drei Liebespaare und einen abgeblitzten Städter.

Da war Waltraud Heutmann als Krögersch Katrin Geerken mit „Haar op de Teen“. Da war Meta, ihre Tochter, blond bezopft und schmuck zurecht gemacht, noch ein bißchen zu sehr „Schauspielerin und nicht dörfliche Gasthausschönheit und Uwe Petersen als Knecht Frerk mit kaum zu überbietender Verkörperung dieser Rolle. Er spielte die Rolle in einer Natürlichkeit, die das Publikum immer wieder zum Szenenapplaus hinriß. Dieser galt in gleichem Maße Fieken, der Magd, gestaltet von Karin Jacobsen: Schmuddelig, bauernschlau, pomadig und dann doch wieder so liebenswert menschlich in ihrer Doppelrolle zwischen den beiden Mannsbildern, zeigte sie eine großartige Leistung.

Kahl Walter spielte souverän und mit wohltuend sonorem Organ den väterlichen Nachbarn der Wirtin. Sein Sohn Peter, einer der Liebhaber der schmucken Wirtstochter wurde von Jörg-Peter Nissen recht geschickt nach allen Richtungen hin ausgeleuchtet. Als ein geborener Charakterdarsteller erwies sich Horst Seegebarth als Auktionator und zunächst abgeblitzter Liebhaber der Wirtin, versoffen, aber voll von sich überzeugt, herrlich aufgemacht mit Weckring ums Hosenbein bei seinen Auftritten mit dem Fahrrad. Arno Vogel. der „junge Mann aus der Stadt“ wurde zur begeistert angenommenen Witzfigur, mit dem die Dörfler Unfug trieben.

Die so liebevoll ausgespielten unter Einbeziehung der Mimik so erfolgreich dargebotenen Gags und Einzelaktionen führten freilich, besonders im 2. und 3. Akt zu erheblichen Längen. Vielleicht läßt sich dagegen von der Regie her noch etwas feilen, ohne freilich die geschickt aufgebauten und gestalteten Details zu zerstören.

Elfriede Kollmann

Schleswig-Holsteinische Landeszeitung, 27.10.1986

 

 

Aus dem Leben gegriffen

Premiere der Speeldeel: „För de Katt“

 

In diesen Tagen jährt sich zum 30. Male der Todestag von August Hinrichs, dem „dichtenden Handwerksmeister“. Der Autor von plattdeutschen Bühnenstücken, Romanen, Geschichten und Gedichten wurde im April 1879 geboren und starb im Oktober 1956 — Grund genug für die Schleswiger Speeldeel, als erste Premiere der Spielzeit 1986/87 ein Stück von August Hinrichs auszuwählen, und zwar „För de Katt“.

Über Hinrichs schrieb einmal der Kritiker Hermann Kölln: „So as dor op de Bühn beneemt wi uns meenichmol ok. Denn sünd wi ok so‘n komische Figuren — ton Lachen! Un worüm schulln wi denn nich ok mol öwer uns sülm lachen? Dar lett sick ‘n Barg Arger mit wegspölen un veel Striet ut de Welt bringen, un dat meiste, wo wi uns op fastbieten doot, is ok man blots ‚för de Katt‘.“

Das weiß Hinrichs meisterhaft auf die Bühnen zu stellen: Menschen mit ihren liebenswerten Schwächen, mit ihren Fehlern. mit ihren Unzulänglichkeiten. Hier sind es zwei Nachbarn, der eine männlich, der andere weiblich, die beide ihren dicken Kopf haben, die beide im Recht sind, die beide stur sind. Und als sie ihr Unrecht einsehen, da bringen sie es noch nicht einmal fertig, das dem Kontrahenten einzugestehen: menschliches Alltagsleben auf der Bühne! Das wird aber so heiter serviert, so herrlich mit Gags und Situationskomik garniert, daß man aus dem Lachen kaum heraus kommt. Hinzu tritt die flotte Regie von Horst Jacobs, der mit Witz und Tempo agieren läßt und die Akteure und Zuschauer ganz schön in Atem hält.

Nur gegen die Längen, die das Stück hat, kommt er auch nicht an; man könnte im zweiten und auch im dritten Akt noch energisch den Rotstift ansetzen, ohne die Substanz des Stückes zu gefährden. Das Herzhafte, Menschliche bleibt, und wenn es dann von begabten Schauspielern dargeboten wird, dann ist der Erfolg vorprogrammiert.

Ein hübsches Bühnenbild, das einerseits Hof-Charakter hat, andererseits eine gewisse „Gemütlichkeit“ ausstrahlt, schuf Helmut Utermann, für die Technik sorgte Alfred Christians. Britta Walter richtete die Masken und Frisuren her, Heike Walter besorgte den so wichtigen „Lüttkrom‘, und als Souffleuse fungierte Birte Nissen.

Bei den Schauspielern kann man eine „Reihenfolge“ eigentlich gar nicht festlegen — alle waren ausgezeichnet. Natürlich sind die im Vorteil, die wie Uwe Petersen und Karin Jacobsen schon lange auf der Bühne stehen — einfach umwerfend das Paar Frerk und Fieken, wie sie mit Treuherzigkeit, gespielter Dummheit und Schlitzohrigkeit die Dinge wieder ins Lot bringen (und sich natürlich kriegen).

Aber auch die anderen konnten rund herum erfreuen: Waltraud Heutmann als die resolute und deftige Krögersch Katrin Geerken; Hanna Schulze als ihre Tochter Meta, die eine gute Mischung bot zwischen jungmädchenhafter Zurückhaltung und raffinierte „Eva“, und Kalli Walter als der poltrige, dickköpfige und sture Gerd Tapken. Dessen Sohn Peter wurde von Jörg-Peter Nissen dargestellt, ehrlich im Zorn, ehrlich in der Liebe, ehrlich in der Verzweiflung. Nicht ganz so ehrlich, aber echt und deftig der gerissene Peter (oder Paul?) Kruse von Arno Vogel, der zur Wiederherstellung der Gerechtigkeit seine gerechte Abfuhr bekommt. Horst Seegebarth spielte den „Räknungssteller und Auktschonater“ Mählmann, der sture Genauigkeit und Pinnigkeit sowie guten Willen hat (mok wi, mok wi“), aber wenig Können. Auch er geht in Beziehung Liebe leer aus und muß sein Junggesellenleben weiterführen.

Das Publikum, das das Haus bis auf den letzten Platz füllte und von Werner Jungjohann herzlich begrüßt worden war, hatte großes Vergnügen, denn die Gags wie die Mistforke, der Wurf der Streichholzschachtel oder das „Ständchen“ bildeten eine fast ununterbrochene Kette, die Szenenbeifall und Gelächter hervorriefen. Das Stück, das am 11. Januar wiederholt werden wird und mit Blumen und Beifall bedacht wurde, war ein voller Erfolg.

Reimer Pohl

Schleswiger Nachrichten, 27.10.1986

 

 

De Rullen un de Speeler

Katrin Geerken,
 Krögersch 

 

Waltraud Heutmann

Meta,
ehr Dochter

 

Hanna Schulze

Frerk,
Knecht bi Katrin

 

Uwe Petersen

Fieken,
Magd bi Katrin

 

Karin Jacobsen

Gerd Tapken,
Katrin ehr Naver

 

KaIli Walter

Peter,
sien Söhn

 

Jörg-Peter Nissen

Mählmann,
Räknungssteller un Aukschonater

 

Horst Seegebarth

Kruse,
een jungen Mann ut de Stadt

 

Arno Vogel

 

 

 

Intrimmt hett:

 

Horst Jacobs

Speeldeel inricht:

 

Helmut Utermann

Technik maakt

 

Alfred Christians

Hoor un Snutenwark:

 

Britta Walter

Lüttkrom:

 

Heike Walter

Toseggen deit:

 

Birte Nissen

Verlööv to ‘n Speelen vun den Mahnke-Verlag, Verden/Aller