Bliev doch to´n Fröhstück

Speeldeel: "Bliev doch ton Fröhstück" / Horst Seegebarth und Britta Walter in den Hauptrollen

Erst englisch, dann, hochdeutsch, jetzt op platt

 

Wenn ein Theaterstück im englischsprachigen Raum entstanden ist, dann auf Hochdeutsch und anschließend ins Niederdeutsche übersetzt wird, dann ist die Gefahr des Substanzverlustes groß. Dieses Risiko nahm die Schleswiger Speeldeel in Kauf, als sie die Komödie "Bliev doch to'n Fröhstück" auf ihren Spielplan setzte (plattdeutsche Fassung von Jochen Schütt).

Was vielleicht an Lebensfülle verlorengegangen sein könnte, mußten die Schauspieler wettmachen. Und die hatten es schwer: es waren eigentlich nur zwei Personen, die die gesamte Verantwortung trugen. (Eine kleine, aber wichtige Nebenrolle, die des Jimmy, wurde von Jörg-Peter Nissen treffend und typisch ausgefüllt.)

Nach der Begrüßung durch Werner Jungjohann beherrschten Horst Seegebarth als Waldermar und Britta Walter als Tina die Bühne, die sich als modern eingerichtetes Appartement (Alfred Christians) zeigte. Da stießen zwei Welten aufeinander: hier der Versicherungsangestellte, etabliert, bürgerlich, voller Ordnungssinn und Prinzipen, genau bis ins Kleinste  dort die junge Frau aus der "Szene", mit allen typischen Attributen: unverschämt unbekümmert, ordinär und vulgär, rücksichtslos.

Das machen beide Spieler ausgezeichnet. Und dann das Großartige: sie zeigten, wie sie sich unmerklich einander annähern und sich - fast- in der Mitte treffen. Eine völlige Einheit kann es nicht geben, dazu sind die Voraussetzungen zu verschieden, aber eine "tragbare Grundlage" für eine gewisse Gemeinsamkeit wird gefunden; das zeigen Britta Walter und Horst Seegebarth ausgezeichnet. Hinzu tritt die ständige Situationskomik, die das vollbesetzte Haus häufig zum Lachen und zu Szenenbeifall brachte, die absolut sichere Gestik und Mimik (sehr gut die Regie von Olly Gröning). Und welche anderen Umstände dann noch eine Rolle spielen, das sollte man sich bei der nächsten Aufführung (14. Februar) anschauen.

Alle Beteiligten (hinter der Bühne auch Ingrid Back und Bärbel Jöns) lassen deutlich werden, wie sich das Leben auch dieser beiden getrennten Welten aus mosaikartigen Kleinigkeiten zusammensetzt, wie man ohne Gesichtsverlust hier und da Abstriche machen kann (Sprache, Auffassung, Gewohnheiten) und wie dann ein Zusammenleben unter Menschen möglich ist. Das war der tiefe Ernst dieser heiteren Komödie, deren Darsteller zum Schluß auch echte Ausbrüche und Anklänge von hoher Humanität zeigen. Eine sehenswerte Aufführung, die mit Blumen und ungewöhnlich reichem Beifall bedacht wurde.

REIMER POHL

Quelle: Schleswiger Nachrichten

Jahrgang 1993  Seite 12SN

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