De Biberpelz
Bühnenstück von 1893 kommt beim Schleswiger Publikum gut an
Speeldeel überzeugte mit Hauptmanns "Biberpelz" auf Platt
Alfred Christians, Dietrich Dippel
SCHLESWIG
Wieder einmal hat die "Schleswiger Speeldeel" ein gesellschaftskritisches Werk aus dem späten 19. Jahrhundert erfolgreich dargeboten: Gerhart Hauptmanns Bühnenstück "Der Biberpelz" von 1893 überzeugt auch im plattdeutschen Sprachfeld, für das Hans-Jürgen Ott es verbal treffend zubereitet hat, und bleibt dennoch ganz nah der Urfassung und dem bekannten Berliner Milieu verbunden eine großartige Symbiose, die bei den Zuschauern direkt ankommt.
Seit der Premiere am 18. Januar im Landestheater sind die Aufführungen in "Uns lütt Theoter" ausverkauft.
Das ist auch das Verdienst von Regisseur Hauke Stieger, der mit Marlies Kováts als Mutter Wolffen und Uwe Petersen als eingebildeten Amtsvorsteher genau die richtigen Darsteller eingesetzt hat. Bei Gerhard Hauptmann steht im Untertitel "Eine Diebskomödie", und in der Tat geht es vordergründig um das von der in Armut lebenden Frau Wolff mit Geschick inszenierte Ergaunern von Gebrauchsgütern wie Brennholz und einen Biberpelz. "Mutter Wolffen" versteht auch nach dem Erstatten von Anzeigen genial die Umstände zu verschleiern.
Der obrigkeitshörige arrogante Amtsvorsteher von Wehrhahn, bei dessen Frau die Wolffen als Waschfrau dient, ist eher auf Jagd nach systemkritischen Demokraten und verhindert somit das Aufdecken der Fälle, er schützt die Täter und verdächtigt Ehrliche. Es gibt keine ausgleichende Gerechtigkeit, doch ein gesellschaftliches Zerrbild wird treffend gezeichnet.
In der Schleswiger Inszenierung wird Marlies Kováts als "Mutter Wolffen" der von Hauptmann gezeichneten raffiniert ausklügelnden Frau aus ärmlichem Milieu mehr als gerecht. Ihre Körpersprache wirkt urecht, sie beherrscht die Fähigkeit, Zusammenhänge schnell und vor allem rechtzeitig zu erfassen und Probleme schnell zu zerstreuen. Gekonnt überzeichnet auch Uwe Petersen als kaisertreuer Amtsvorsteher seine Rolle bis zur herzerfrischenden Lächerlichkeit, und das alles in steifem Hochdeutsch, um sich auch sprachlich vom kleinen Volk abzuheben: seine Grimassen und Drohgebärden sind gut nachempfunden. Pflichtbewusst und souverän tritt Reinhard Huxhold als Amtsschreiber auf. Die Rolle von Wolffens Mann Julius spielt Alfred Christians mit gekonnter Unentschlossenheit, die beiden Töchter Leontine und Adelheid werden frisch und unkompliziert von Petra Utermann und Kerstin Reimer dargestellt, die auch mal merken, dass ihre Mutter mit allen Wassern gewaschen ist. Entschlossen kann sich Hans Paulsen als bestohlener Rentner Krüger behaupten, vom Amtsvorsteher schon bald als Demokrat verdächtigt. In Untergebenheit zeigt sich Volker Schwarz in Försterkleidung als Motes, dem Amtsvorsteher stets gefügig, zum Schluss sogar wortlos, als seine Frau assistiert Birte Nissen-Reimer charmant-raffiniert.
Bleibt noch Dietrich Dippel als Schiffer Wulkow zu erwähnen, Lutz Schnoor als gut gekleideter Dr. Fleischer und Claus Schimmer als bedauernswerter Amtsdiener seinem Herrn verpflichtet, aber den Wolffens zugetan. Alle Charakterzüge werden gut ausgefüllt und wirken in ihrer Unterschiedlichkeit echt und liebenswert. Mit dieser Aufführung erntete die Schleswiger Speeldeel wieder einmal einen großen Applaus vom Schleswiger Publikum
Hansjürgen Buyken
Quelle: Schleswiger Nachrichten vom 11.2.2002