Junkie

Dramatisch und voller Sehnsucht

"Junkie" - Speeldeel-Premiere im Theater

 

 

Karin Jacobsen, Jann Rothberg

 

 Karin Jacobsen, Jann Rothberg 

 

Schleswig

Unter der Regie von Hauke Stieger hat die "Speeldeel" das Stück "Junkie" aufgeführt: von der darzustellenden Problematik extrem aufregend, bewundernswert hinsichtlich der schauspielerischen Leistung. Mit Anteilnahme und Schweigen verfolgten die Zuschauer den tragischen Vorgang, von dem im Programm zu lesen war: "Alle drei Rollen sind glaubhaft", das heißt sie sind aus der brutalen Wirklichkeit entnommen. Inge Debelts hat das Stück direkt in plattdeutscher Sprache verfasst und durch die krass-derbe Sprachformung die der Situation angemessene bedrückende Lebendigkeit hervorragend getroffen.

Debelts schildert die Situation des drogensüchtigen Axel Niemann, der durch seine Betroffenheit Mutter und Schwester zur Verzweiflung bringt, aber gegen seine Sucht nichts mehr aus eigener Kraft verrichten kann. Während seine Schwester Tanja sich durch Bindung an ihren Freund aus der Situation retten will (was letztlich nicht gelingt), ist die durch Scheidung und Zerrüttung gezeichnete Mutter mit ihren Kräften am Ende. Axels Verwicklungen in kriminelle Handlungen lassen die Herzkranke am Ende tot zusammenbrechen.

Karin Jacobsen hat mit ihrem engagiert-natürlichen Spiel allen Müttern, die auch in auswegloser Lage ihren Kindern beizustehen gewillt sind, erneut ein Denkmal gesetzt. Petra Utermann wirkte in der Rolle der Tanja als Vermittlerin und Realistin überzeugend. Und dann Jann Rothberg: seine Darstellung des süchtigen Axel übertraf alle Erwartungen. Sprache, Mimik und körperakrobatische Grenzleistungen waren atemberaubend - Rothbergs schon bekanntes schauspielerisches Talent wurde mit diesem Stück erneut gesteigert. Alle drei Hauptdarsteller konnten durch persönliche Einbindung in ihre Rollen die fließenden Übergänge zwischen aggressiven Ausbrüchen und spontan- gefühlsmäßigen Erinnerungen und Sehnsüchten glaubhaft. und überzeugend einbringen.

Nach der Premiere des letzten Stückes der Spielzeit begab sich Uwe Petersen, Vorsitzender der "Speeldeel", noch einmal auf die Bühne, um eine der Darstellerinnen des Abends gebührend zu ehren: Karin Jacobsen, die die Rolle der Mutter eines Drogensüchtigen hingebungsvoll dargeboten hatte, erhielt vom Landesverband der Amateurtheater Schleswig-Holstein für 25 Jahre Mitarbeit die silberne Ehrennadel. Petersen erinnerte nach Verlesung der Urkunde an erfolgreiche Rollen der Darstellerin unter anderem in "Maria Magdalena" und "För de Katt" und überreichte auch den Speeldeel-Ehrenteller.

Die "Speeldeel" wird am 1. November mit der Komödie "Ruuge Kierls un scharpe Wiewer" (nach "Wind in den Zweigen des Sassafras") aufwarten.

Hansjürgen Buyken

Schleswiger Nachrichten, 17.03.2003